Sonntag, 3. Juli 2005

Die Sámi: Volk ohne nationalen Anspruch

Im Land der Sámi (Samen, Lappen) liegen die größten Wildnisgebiete Europas. Nur etwa 200.000 Menschen leben in den Sámi-Gebieten von Norwegen, Schweden, Finnland und Russland, etwa 70.000 von ihnen sind Sámi. Wenn es nach den Sámi geht, dürfte es die Nationalstaatsgrenzen eigentlich gar nicht geben.

Ihr Land, Sápmi, wird von den vier Nationalstaaten allerdings nicht anerkannt. Nationalstaaterei und die dazugehörigen Grenzen wiederum sind den Samen fremd, wodurch es immer wieder zu Konflikten um Weidegebiete für ihre Rentierherden kommt. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts gründen die Sámi in den einzelnen Ländern Sámi-Parlamente, so genannte Sametings. Seit 1968 gibt es die gemeinsame Samenflagge. Als Hauptstadt, wenn man davon im Sinne der Sámi überhaupt sprechen kann, ist das schwedische Jokkmokk (Foto), mit seinem jährlichen Sámi-Markt im Februar.


Das rot hinterliegte Gebiet kennzeichnet in etwa den Lebensraum der Sámi (Sápmi) in Norwegen, Schweden, Finnland und Russland. Die Sámi sehen das Gebiet eher vom Nordpol aus, also anders herum.

Die Menschen dort oben leben in der Hauptsache von Forst- und Landwirtschaft sowie vom Fischfang und der Viehzucht, hauptsächlich von der Rentierzucht. Gerade die kommerzielle Forstwirtschaft und die industrielle Nutzung der natürlichen Resscourcen, wie das Aufstauen der Flüsse oder das Abholzen der Wälder, verursacht immer wieder Konflikte zwischen den zugewanderten Skandinaviern und den ehemals nomadisch lebenden Sámi.

Last Yoik in Saami Forests - der Kampf der Samen um die Wälder des europäischen Nordens

"Volk der Sonne und des Windes"

Die 70.000 Sámi gehören zu den rund 300 Millionen Menschen der Erde, die die Vereinten Nationen zur Urbevölkerung unseres Globus zählt. In der Mythologie dieses Volkes spielt die Sonne (Biejvve) eine große Rolle, als deren Kinder sich die Sámi sehen, denn sie leben in einem Land, in dem die Sonne im Sommer nicht untergeht.

Gleichgzeitig sind sie auch die Kinder des Windes (Bieggaålmaij), ohne dessen Wohlwollen sie in der Wildnis des Nordens verloren waren und ohne dessen Hilfe sie ihre Beute, das Rentier, nicht erreichen konnten.

Vor gut 10.000 Jahren, als die Eisszeit in Fenno-Skandinavien zu Ende ging, siedelten dort die ersten Menschen. Jäger, Fischer und Sammler waren sie. Während sie anfangs das wilde Rentier jagten, haben sie heute riesige Heerden im Griff, ohne dass das Rentier seine Wildheit eingebüßt hätte. So treiben die Sámi ihre Herden nicht, sie ziehen ihnen auf ihren Sommer- und Winterwegen hinterher.

Leben in der Sijda

Die Sámi lebten damals in lokalen Gruppen zusammen, sogenannten Sijddas, die Land und Wasser gemeinsam nutzten. Zu den verschiedenen Jagdzeiten zogen sie in genau geregelten Mustern durch das Land. Jede Beute, jeder Fischfang wurde gerecht auf alle Mitglieder der Sijdda verteilt. Die Sijdda hatte jeweils ihre eigene Gerichtsbarkeit. Im Winter kamen reisende Händler zu den Winterwohnplätzen der Sijdda, um Handel mit den Sámi zu treiben.

Im Mittelalter entdeckten die neuen Staaten Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland und Russland die Reichtümer von Sápmi. Oft mussten die Sijddas gleichzeitig an alle Staaten Steuern in Form von Pelzen, Fisch, Fleisch und Bekleidung aus Rentierleder zahlen.

Aber auch unter der Erde gibt es große Reichtümer, etwa Silber und Eisen. Nicht nur, dass der massive Wachstum der Bergbau-Industrie seit dem 17. Jahrhundert Weideflächen verringerte und beeinflusste. Die Sámi und ihre Rentiere wurden gerade in Schweden zu Transportdiensten gezwungen, denen sie sich durch Flucht nach Norwegen entzogen, wo noch heute die meisten Sámi leben.

Entrechtet im Namen der Demokratie

Zwar ist an den Sámi nie ein Völkermord begangen worden, doch sind ihre Rechte durch die Gesetze der Nationalstaaten und ihrer späteren Demokratien immer wieder eingeschränkt worden, denn bezogen auf die Bewohner dieser Staaten waren die Sámi nur wenige. Auch wenn sich die Sámi im Gegensatz zu anderen Naturvölkern ihr Kulturerbe bewahren konnten, wird ihr Recht an der Nutzung der natürlichen Resscourcen auch heute noch immer wieder hinterfragt. Das Land ist groß, die Sámi wenige und so gibt es immer wieder Einschränkungen bei der Nutzung von Land und Gewässern. Zumindest ein Teil von Sápmi ist 1996 zum Unesco Welterbe "Laponia" geworden.


Ájtte - Schwedisches Fjäll- und Samemuseum


Wer mehr über die Geschichte, die Lebensweise und die Probleme der Sámi erfahren möchte, sollte sich in Jokkmokk unbedingt das Ájtte-Museum ansehen. Es ist mittlerweile die Hauptsehenswürdigkeit der schwedischen Stadt am Polarkreis. (Jokkmokk, Kyrkogatan, Juni-August: Mo-Fr 10-19 Uhr sowie Sa+So 11-19 Uhr, September-Mai: Mo-Fr 9-16 Uhr sowie Sa+So 12-16 Uhr).


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